Freitag, 30. Juni 2017

Sakrales Gelaber

was mich stört...


...sind diese Inhaltsleeren Floskeln, die mir ständig über die Lippen kommen. Was mich stört sind die inhaltsleeren Gedanken, die ich im Gebet habe. Was mich stört ist meine ach so heilige und sakrale Gebetsstimme, die ich mir aneigne, wenn ich mit Gott rede. Was mich stört ist ganz einfach: Ich habe nicht das Gefühl authentisch zu sein wenn ich bete.

Wenn ich für mich alleine bete, dann kann ich in Gedanken minutenlang Anliegen vor Gott bringen und doch nichts sagen. Was ich gedanklich formuliere verpufft im selben Augenblick in meinem Kopf und ist vergessen. Nichts als Routine und Pflichtbewusstsein. Nichts als sakrales Gelaber.

Auch in Gruppen ist es nicht besser. In Liebenzell wird häufig in Kleingruppen gebetet. Die Anliegen sind meist vorgegeben. So beten wir für Missionare, für weltweite Arbeit und ab und an auch für uns selbst. Alles nicht schlecht. Ich finde das Anliegen super und an der Sache selbst ist nichts auszusetzen. Ich möchte dabei vor allem von mir sprechen, da ich nicht über andere richten will. Mir geht es oft so, dass mich ganz andere Dinge beschäftigen, als diese, die vorgestellt werden. Persönliche Dinge, Persönliche Dinge von Freunden, Anliegen, die einfach nicht in die Situation passen. Die meisten vorgestellten Anliegen sind für mich oft gänzlich fremd.
Mein Problem ist nun, dass ich nicht ehrlich und authentisch für die Leute beten kann. Ich kann Dinge sagen, die wie Gebet klingen, aber dabei fühle ich mich nicht echt. Es fühlt sich für mich nicht richtig an.

Bevor ich weiter schreibe muss ich noch eine Kleinigkeit los werden. Ich möchte hier niemanden persönlich angreifen. Ich möchte niemandem seine persönliche Beziehung zu Jesus absprechen. Es gilt das Prinzip: Prüfe alles und das Gute behalte. Vielleicht ist deine Art Gott anzubeten für dich genau richtig. Dann fühle dich nicht angesprochen. Vielleicht merkst du aber auch, ähnlich wie ich, dass dein Gebet für dich nicht echt ist, dann freue ich mich, wenn wir gemeinsam auf einem Weg sind.

Sakrales Gelaber hat für mich auch viel mit bestimmten Floskeln zu tun, die wir ständig gebrauchen. Worte, die kein Mensch, weder du noch ich, im Alltag verwenden. Ähnlich wie eine Bühnenstimme verfallen viele(mich eingeschlossen) in eine sakrale Gebetsstimme. Diese Stimme, so ist es bei mir, kommt aber nur hervor, sobald ich eine Gebetsgemeisnchaft habe. Ich frage mich also: Spreche ich in Gebetsgemeinschaften mit Gott, wie ich es auch sonst tue? Ist es noch echt? Spreche ich mit Gott oder mit den anderen in der Gebetsgemeinschaft?
Versteht mich nicht falsch. Ich möchte wie gesagt über niemanden urteilen, aber ich beobachte in letzter Zeit immer wieder, wie in Gebetsgemeinschaften immer wieder gleiche Floskeln runtergeleiert werden. Im gleichen Zug beschweren sich einige, dass liturgische Gottesdienste mit vorformulierten Gebeten nicht so ihr Ding seien. Aber sind solche Gebete nicht immerhin noch mit Inhalt gefüllt? Werden da nicht immerhin Anliegen vor Gott gebracht, ihn wird er da nicht immerhin gezielt gelobt?
Floskeln [hier deine Lieblingsfloskel denken] werden immer wieder wiederholt und irgendwann weiß man, was sein Nachbar gleich sagen wird, was seine nächsten Worte sind und eigentlich könnte man auch für ihn weiterbeten.

Ich will aber nicht nur jammern. Da mich das Thema schon länger beschäftigt, habe ich meine Gebetspraxis etwas verändert. Vielleicht hilft dir das ein oder andere ja auch oder du hast selbst einen genialen Tipp, wie das Gebetsleben wieder lebendig wird, wie es nicht nur eine Aneinanderreihung von Floskeln ist und wie inhaltsleeres sakrales Gelaber zu einem angeregten Gespräch mit Gott wird.

Allein seelig machende Rettung ;)

sprich stumm

Klingt komisch, hilft mir aber. Ich bete nicht mehr nur in Gedanken, sondern ich bewege dazu meine Lippen. Als würde ich normal mit jemandem reden, der neben mir sitzt. Solltest du alleine sein, oder sollte es dir egal sein, darfst du natürlich auch laut beten. Das mache ich auch ab und an. Aber sollte es der Situation nicht entsprechen, dann bewege ich zumindest meine Lippen und gestalte die Worte nicht nur in meinem Kopf, sondern lasse sie somit auch körperlich lebendig werden. Mir hilft das, nicht abzuschweifen. Mir hilft das konkret zu werden. Mir hilft das nicht zu labern.

Vorüberlegungen

Wenn du am Abend oder auch am Morgen betest, dann mache dir doch kurz davor ein par Gedanken. Denke darüber nach, für was du dankbar bist, für was du bitten möchtest, was dich beschäftigt, für was du Gott loben möchtest, was dich gerade ankotzt usw. Schreib dir Stichworte auf. Und dann halte dich nicht sklavisch an den Zettel. Nimm ihn als Hilfe, aber sei frei auch darüber hinaus mit Gott über Dinge zu reden, die dir gerade erst kommen.

Geh raus

Eine Sache, die mich schon öfters in lange Gespräche mit Gott verwickelt haben sind Gebetsspaziergänge. Sich bewegen, Die Natur genießen und dabei mit Gott reden. In solchen Spaziergängen hatte ich bisher die ehrlichsten Gespräche mit Gott. Dabei musst du natürlich nicht ständig reden. Ich genieße dabei auch die Natur, ich beobachte Menschen, ich höre auf Gottes Stimme und irgendwie bringe ich da schon mal ein paar Stunden rum. Wenn Spaziergänge nicht so dein Ding sind, dann gibt es vielleicht andere Dinge, bei denen du aus deinem normalen Alltag rauskommst. Für manche mag es das Autofahren sein, für den anderen Kaffee trinken mit Gott. Schau was zu dir passt.

Gebet ist kein Zwang

Gott verpflichtet dich nicht in einer Gebetsgemeinschaft laut zu beten. Wir haben seit kurzem die Möglichkeit bei ein paar Veranstaltungen für uns alleine zu beten. Ich nutze das verstärkt. Aber auch in der Gruppe musst du nichts sagen. Du darfst still für dich beten, du darfst in Gedanken mit den anderen mitbeten(auch dort bewege ich meine Lippen ab und an mit), du darfst auch einfach nur auf Gottes Stimme hören.
Ich bin selber nicht bei jeder Gebetsgemeinschaft still. Ich bete auch öfters laut. Aber ich bete dann vor allem für die Dinge, mit denen ich auch persönlich etwas verbinden kann. Dabei muss ich nicht die Menschen kennen. Es reicht mir manchmal schon, dass ich den Ort kenne, dass ich jemand anderen kenne, der von dort kommt oder etwas anderes, was mich irgendwie damit verbindet.

Beziehung

Fang an, Gebet wirklich als Beziehung zu sehen. Als ein Gespräch. Mit jemandem, der dir zuhört, der dir auch antwortet, der sich für das interessiert, was du sagst. Oft ist es doch so, dass wir das doch wissen und vermutlich sagst du, dass das doch klar ist. Aber ich glaube, dass uns das bewusst sein kann und dennoch oft nicht interessiert. Hast du Gott schon einmal angeschrieen? Hast du ihm schon einmal ehrlich gesagt, dass du mit dem oder jenem überhaupt nicht einverstanden bist und es auch nicht verstehen kannst? Und hör auf, deinen Gefühlen zu wiedersprechen. Wenn du wütend bist auf Gott, dann relativiere deine Aussage nicht gleich wieder. "Aber wenn es dein Plan ist, dann will ich folgen." Sage das nur, wenn du davon wirklich überzeugt bist. Wenn du für Kranke betest, dann bete um Gesundheit. Flehe Gott an, Kämpfe dafür im Gebet. Lebe im Gebet eine Beziehung zu Gott. In einer Beziehung geht es immer um mehr als nur um eine Person. Es geht im Gebet nicht nur um Gott. Es geht auch um dich.